Grombühl – In einer deutschlandweit beispiellosen Amtshilfe stellt die Staatliche Atemmasken im OPFeuerwehrschule Würzburg dem Uniklinikum Würzburg Überdruck-Atemschutzmasken der höchsten Sicherheitsstufe zur Verfügung. Mit dieser Ausrüstung können auch bei Corona-Infizierten unaufschiebbare Eingriffe im Nasen-, Mund- und Rachenbereich durchgeführt werden – ohne die OP-Teams zu gefährden.

Operationsteams, die bei mit dem Coronavirus infizierten Patienten unaufschiebbare Eingriffe im Nasen-, Mund- und Rachenbereich durchführen, setzen sich einem besonderen Gesundheitsrisiko aus. „Wir haben ernstzunehmende Berichte über Häufungen von schweren bis hin zu tödlichen Covid-19-Verläufen bei Kollegen aus der Hals-Nasen-Ohren-Medizin in China, Italien und dem Iran“, schildert Dr. Dr. Hartmut Böhm. Der Geschäftsführende Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie (MKG) des Uniklinikums Würzburg (UKW) fährt fort: „Man vermutet, dass der Eintritt einer hohen initialen Virusmenge oder die häufige Konfrontation mit dem Virus den Krankheitsverlauf besonders schwer werden lassen.“ Gerade die unmittelbare Nähe zur Nasen- und Rachenschleimhaut und das bei vielen Operationen im oberen Respirationstrakt entstehende, vermutlich stark virenbeladene Aerosol lassen nach seinen Worten ein hohes Gefährdungspotenzial für HNO- und MKG-Ärztinnen und -Ärzte wahrscheinlich erscheinen.

30 Maskensätze im Kreislauf

Ein wirksamer Schutz gegen diese Virenattacke können umgebungsluftunabhängige Überdruck-Atemmasken mit Atemregler sein. „Leider verfügen wir bislang nicht über eigene solche Geräte. Und auf dem Markt sind sie gegenwärtig nur äußerst schwer und nicht in ausreichender Menge erhältlich“, bedauert Prof. Dr. Georg Ertl, der Ärztliche Direktor des UKW. Im Gegensatz dazu ist die Staatliche Feuerwehrschule Würzburg sehr gut mit diesem Maskentyp ausgestattet. In diesem Anwendungsbereich schützen sie die Einsatzkräfte vor Feuer, Rauch und Gefahrstoffen. Einer Kooperationsidee von Dr. Böhm folgend, wandte sich Prof. Ertl Ende März dieses Jahres mit einem Amtshilfeersuchen an Dr. Roland Demke, den Leiter der Würzburger Feuerwehrschule. Mit vollem Erfolg: Die Schule stellte dem UKW umgehend 30 Maskensätze zur Verfügung – inklusive eines Wiederaufbereitungskreislaufs. „Diese Atemschutzgeräte der höchsten Schutzstufe sind so hergestellt, dass sie nach jedem Einsatz gereinigt, desinfiziert, geprüft und wiederverwendet werden können“, beschreibt Dr. Demke. Zum „Amtshilfe-Service“ seiner Schule gehört es auch, die benutzten Masken am Klinikum abzuholen, sie in der Feuerwehrschule in der Weißenburgstraße im Würzburger Stadtteil Zellerau vorschriftsmäßig aufzubereiten und zum erneuten Gebrauch, hygienisch in Folienbeuteln eingeschweißt, wieder an den Kliniken anzuliefern.

Luftversorgung aus der „Steckdose“

Für den Krankenhauseinsatz wurden die Geräte technisch adaptiert. Dr. Demke erläutert: „Grundsätzlich ähnelt das System der Luftversorgung von Tauchern. Bei der Feuerwehr wird die Atemluft in Stahlflaschen auf dem Rücken mitgeführt. Der Feuerwehrmann atmet über die Vollschutzmaske, die über einen Atemregler und einen Schlauch mit der Flasche verbunden ist. Mit einer cleveren Idee gelang es den UKW-Technikern, den Atemregler statt an eine Stahlflasche per Zuleitungsschlauch an das gebäudeintegrierte Luftleitungssystem der Klinik anzuschließen. Dadurch fällt nicht nur die körperliche Belastung durch das Tragen der Stahlflasche weg, sondern auch deren begrenzter Luftvorrat als limitierende Größe.“

Nach Schulungen der OP-Teams im Gebrauch der Überdruck-Atemmasken durch Experten der Feuerwehrschule liefen zwischenzeitlich in den OP-Sälen der MKG und der HNO-Klinik des UKW eine Reihe von Testoperationen mit coronafreien Patienten. Die dabei gemachten Erfahrungen sind durchweg positiv. „Das Gesichtsfeld ist vollkommen ausreichend und durch den Überdruck in der Maske atmet es sich viel leichter, als durch eine hochgradig filternde Maske, die einen recht starken Atemwiderstand aufweist“, berichtet Privat-Dozent Dr. Stephan Hackenberg, der Stellvertretende Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, plastische und ästhetische Operationen.

Einsatz nur bei Notfalleingriffen

Der Einsatz der Masken soll auf vergleichsweise wenige Notfalleingriffe beschränkt werden. Dr. Böhm skizziert das aktuelle Vorgehen: „Um die Gefährdung für das Personal so gering wie möglich zu halten, führen wir bei Patienten, die dringend eine Operation benötigen, drei Tage und einen Tag vor dem geplanten Eingriff jeweils einen Rachenabstrich durch. In der Zeit dazwischen bleiben sie in einer Art Quarantäne in unserer Klinik. Bei zwei negativen Abstrichen können wir beruhigt mit normaler Schutzkleidung arbeiten. Ist ein Test positiv oder bleibt in Notfällen keine Zeit für eine Testung, verwenden wir jetzt die Atemschutzmasken der Feuerwehr.“

Erste solche Kooperation in Deutschland

In der Staatlichen Feuerwehrschule Würzburg findet – wie in allen bayerischen Schulen – seit dem 16. März 2020 aufgrund der Corona-Krise bis auf Weiteres kein Ausbildungsbetrieb mehr statt. Dies vereinfachte laut Dr. Demke die schnelle und unkomplizierte Bereitstellung der Masken. „Unser Gerätebestand und unsere Reserven sind allerdings so angelegt, dass wir die Unterstützung des Uniklinikums auch nach einer Wiederaufnahme des Ausbildungsbetriebes aufrechterhalten können“, verspricht der Schulleiter. Seines Wissens ist es das erste Mal in Deutschland, dass so eine Zusammenarbeit praktiziert wird. Dieses „Würzburger Modell“ ließe sich nach seiner Einschätzung bei Bedarf von anderen Städten mit ähnlichen Konditionen kopieren.

Ein mustergültiger lokaler Schulterschluss

„Wir sind schlichtweg begeistert von der Bereitwilligkeit, Schnelligkeit, Professionalität und Freundlichkeit, mit der uns die Würzburger Feuerwehrschule beigesprungen ist“, fasst Prof. Ertl die bei dem Vorhaben gemachten Erfahrungen zusammen. „Ich bedanke mich speziell im Namen der durch die Masken jetzt optimal geschützten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf’s Herzlichste für diesen mustergültigen lokalen Schulterschluss“, so der Ärztliche Direktor.

Bildunterschrift:
Am Uniklinikum Würzburg – hier in der Mund-, Kiefer- und Plastischen Gesichtschirurgie – wird in ausgewählten Fällen mit Atemschutzmasken der Würzburger Feuerwehrschule operiert.

Bild: Simone Wagner / Uniklinikum Würzburg