Rund 90 Bürgerinnen und Bürger diskutierten am vergangenen Freitag zum Teil kontrovers über Vorschläge zur Verbesserung des städtischen Busliniennetzes. Themen waren Problemschwerpunkte und zukünftige Ideen für die nördlichen Stadtteile von Würzburg, unter anderem für Versbach, Lengfeld, die Lindleinsmühle und Grombühl.
In einem rund vierstündigen Workshop mit Fachvorträgen und Gruppenarbeit im Casino der WVV waren sich Bürgerschaft, Vertreter unterschiedlicher Fraktionen und Interessensverbänden einig, dass es vielfältige Maßnahmen braucht, um mehr Menschen vom Auto in die öffentlichen Verkehrsmittel zu bringen. Die Zielsetzung laut Oberbürgermeister Christian Schuchardt ist, in den nächsten fünf Jahren einen Fahrgastzuwachs von zehn Prozent zu erreichen. Dies geht synchron mit dem Aktionsprogramm „Sauber Mobil“ für eine nachhaltige Mobilität in Würzburg, das durch Reduzierung der Luftschadstoffe die Lebensqualität in der Stadt erhöhen soll.
Nachdem das Busnetz in Würzburg über viele Jahre historisch gewachsen war und in der Vergangenheit nur in Einzelfällen an neue lokale Gegebenheiten angepasst wurde, ist jetzt der Zeitpunkt, um grundsätzlich neue Wege zu beschreiten. Mathias Schmechtig von NahverkehrsConsult aus Kassel, der den gesamten Optimierungsprozess fachlich begleitet, zeigte in seinem Impulsreferat wichtige Eckpunkte auf. Würzburg sei im Vergleich zu anderen Großstädten durch eine überdurchschnittlich hohe Nutzungsintensität des Busses geprägt, bezogen auf die Anzahl der Fahrgäste zur Einwohnerzahl. Wirtschaftliche Zwänge bei der Gestaltung des Verkehrsangebotes führten in der Vergangenheit meist zu Lösungen mit Nachteilen hinsichtlich Übersichtlichkeit und Merkbarkeit für den Fahrgast, analysierte er den Status quo.
In den Workshop-Diskussionen wurde deutlich, dass sich die Bürger vor allem mehr Takt, bessere Anbindungen und pünktliche Fahrten durch separate Busspuren wünschen. Eine mögliche Handlungsoption in Würzburg ist laut Mathias Schmechtig die Stärkung der Hauptachsen im Busnetz. Dies könnten sogenannte Premium-Linien mit einer straßenbahnnahen Qualität zum Beispiel im 15-Minuten-Takt sein, die direkter und häufiger fahren. Auch die Entflechtung des Busliniennetzes für eine erhöhte Transparenz für Fahrgäste und Neubürger sowie der Ausbau von Tangentiallinien, um das Kernnetz der Stadt zu entlasten, sind weitere wichtige Maßnahmen. Randbereiche der Stadtteile mit niedrigerer Nachfrage könnten mit Anruf-Sammel-Taxen erschlossen werden, vor allem in den Abendstunden oder am Wochenende. Diese übernehmen eine Art Zubringerfunktion zum Bus.
Insgesamt soll der Busverkehr in Würzburg besser und dichter vertaktet, übersichtlicher, direkter, verlässlicher und schneller werden. Verkehrsplaner Schmechtig zeigte erfolgreiche Beispiele aus anderen Städten. Dort gibt es eigene Busspuren, die eine erfolgversprechende Lösung sein könnten, um Busse vor dem Individualverkehr zu bevorrechtigen und vor den PKWs fahren zu lassen.
Ein erstes Fazit des erstes Bürgerworkshops zog Bernd Karl, verantwortlich für Mobilitätsdienstleistungen bei der WVV, gemeinsam mit den beteiligten Bürgern: Taktverdichtung und Busspuren sind wichtige Elemente, die aber nur durch finanzielle und politische Unterstützung weiterverfolgt werden können. Inwiefern die Vorschläge und Ideen realisiert werden können, hängt von den Ergebnissen der folgenden zwei Workshops ab, die am 18.10. und am 08.11. für weitere Stadtteile stattfinden. Anmeldungen sind hier noch möglich unter mobil@wvv.de
Die Gesamt-Ergebnisse der drei Bürger-Workshops werden am 02.12.2019 in einem zusätzlichen Stadtratsworkshops vorgestellt und zu einen Gesamtkonzept zusammengefasst. Dieses soll Anfang 2020 im Stadtrat beschlossen und im Rahmen des öffentlichen Dienstleistungsauftrags durch die Würzburger Straßenbahn GmbH möglichst zeitnah umgesetzt werden.